Home
So sehe ich aus
Reverse Colonization
Aktuelles
Essays
1968ff - Romanauszüge
Lyrik
Kurzgeschichten
Zwetajewa: Lyrik
Die rechte bin ich, du die linke Hand
Bepackt ist das Kamel
Verse an eine Waise (2)
Verse an eine Waise (3) Die Höhle
Die Muschel
Betrachte ich Blätter...
Verlegenheit
An Deutschland
Meine Schritte klingen hell vom Eise
Gefährte (2)
Jungfrauen-, Heldentum
Verschlafen hältst du mich gefangen
Offen die Adern
Verse an die Tochter (3)
Tränen, Tränen sind Wasser...
Sibylle an ein Neugeborenes
Fein und zart...
P.E. (3) Seiner Tochter
Das erste Mal
Die Verdammte
Beug deine Stirne
Selbsterlebtes
Interpretationen
Archetypen
Verschiedenes
Архетипы и интерпретации
Archetypes
Gästebuch
   
 



Fein und zart, ganz fein und zärtlich
Pfiff etwas im Tannenbaum,
Und ein Kind mit schwarzen Augen
Sah ich da in meinem Traum.

Schöne Tanne, ach du blutest
Heißes Harz in deinem Schmerz.
In der Nacht, der schönen, sägt mir
Eine Säge so durchs Herz.

8. August 1916

Das lyrische Ich, das eine Frau ist (1), träumt von einem Kind, das sich in einem Tannenbaum befindet, denn dieses Kind ist es wohl, das der Träumenden zupfeift, um sie auf sich aufmerksam zu machen, und zwar pfiff es "im Tannenbaum". Es befindet sich im Baum wie ein Ungeborenes geborgen in der Mutter - dieses Bild beruht auf dem Archetypus Baum als Mutter. Das ändert sich in der zweiten Strophe. Der Baum wird entzweigesägt, verspürt Schmerz und blutet. Das symbolisiert die Geburt des Kindes, die schmerzlich und blutig ist, auch für die Mutter.

1) Man erkennt das Geschlecht der Sprechenden an der weiblichen Endung von uvidela "sah ich". Die russische Sprache hat in diesem Punkt Ähnlichkeit mit der lateinischen, mit der sie als indogermanische Sprache verwandt ist. Endungen verraten das Geschlecht. "Ich habe gesprochen" heißt "locutus sum", wenn es ein Mann schreibt, und "locuta sum", wenn es eine Frau schreibt.

   
 
Top