Home
So sehe ich aus
Reverse Colonization
Aktuelles
Essays
1968ff - Romanauszüge
Lyrik
Kurzgeschichten
Zwetajewa: Lyrik
Selbsterlebtes
Interpretationen
Tjutschew: Im Frühherbst... (22.8.1957)
Tjutschew: Ja pomnju vremja zolotoe
Tjutschew: Vostok belel...
Mandelstam: Nein, nicht der Mond...
Puschkin: Ägyptische Nächte
Puschkin: Der Prophet
Homer: Odyssee 5, 462-493
Homer: Odyssee 23, 177-206
Bachmann: Die gestundete Zeit
Balmont: Zwischen Unterwasserhalmen
La Belle et la Bête
Celan: Fadensonnen
Esenin: Mit Kamillenblüten
Goethe: Erlkönig
Gomringer: avenidas
Joyce: Araby
Ovid: Met. 13,898-968 (Glaucus)
Schubart: Die Forelle
Shakespeare: Kaufmann von Venedig
Wyndham: Kuckuckskinder
Zwetajewa: Mutter und die Musik
Zwetajewa: Irgendein Vorfahr...
Zwetajewa: Ich bin ein Blatt für deine Feder
Gogol': Vij
Chaos bei Tjutschew
Coetzee: Schande - Mutter Erde
J. Raspail: Das Heerlager der Heiligen
Blut und Erde
Archetypen
Verschiedenes
Архетипы и интерпретации
Archetypes
Gästebuch
   
 


In der 1934 entstandenen autobiographischen Prosa Mutter und die Musik erzählt Marina Zwetajewa von ihrem Verhältnis als Kind und Heranwachsender zur Musik; zugleich dreht sich der Text um das Thema Erwachsenwerden und Selbstwerdung durch Ablösung von der Mutter. Schon als Kind musste Marina täglich lange auf dem Klavier üben, weil ihre ehrgeizige Mutter, die selber Konzertpianistin werden wollte, woraus nichts wurde, als Kompensation danach strebte, aus ihrer Tochter eine solche zu machen. Also spielte das Kind täglich stundenlang Klavier. Aus Gehorsam gegenüber der Mutter, aber auch aus anderen Motiven:
Nach dem von Sigmund Freud entdeckten Ödipus-Komplex begehrt das Kind seinen andersgeschlechtlichen Elternteil. Der Junge will mit seiner Mutter schlafen und den Vater als Konkurrenten ausstechen; beim Mädchen ist es umgekehrt. Zwetajewa hatte auch eine lesbische Ader, in ihr steckte als Teilpersönlichkeit ein Mann, den es zu Frauen zog, also begehrte sie unbewusst ihre Mutter als erotisches Objekt und empfand ihren Vater als Konkurrenten. Ein gutes Feld, um diese Rivalität um die Mutter auszutragen, war die Musik, denn ihr Vater war unmusikalisch , "er hat ein selten schlechtes Gehör" (S. 10) (1), was er auch von seiner Frau spöttisch oder "mit Leidensmiene" gesagt bekam (S. 22).
Für Mutter und Tochter ist das Klavier ein "Heiligtum" (S. 9), dessen Reinheit der Vater besudelt, wenn er seine Zeitungen darauf legt:

"Die Zeitungen nahm - fegte - die Mutter allmorgendlich vom Klavier, mit der hartnäckigen Ausdauer eines Märtyrers und ohne dem Vater, der sie stur und nichts ahnend dorthin legte, das geringste zu sagen; und wer weiß, ob nicht der Gegensatz zwischen der vollkommenen Spiegelglätte und Schwärze des Klaviers und dem unordentlichen, unansehnlichen Zeitungshaufen, ob nicht die gleichzeitig weit ausholende und pedantische Ordnungsgeste der Mutter in mir die unerschütterliche, axiomatische Überzeugung entstehen ließen, Zeitungen seien Teufelsspuk... (S. 9)"

Das Klavierspiel versetzte Marina in eine emotionale Gemeinschaft mit ihrer Mutter, aus der ihr unmusikalischer Vater-Konkurrenz und die ebenfalls unmusikalische Anastasija als Geschwister-Konkurrentin ausgeschlossen waren. Und diese Gemeinschaft, die das Klavier stiftete, war etwas Heiliges, das nicht entweiht werden durfte:

"Meine Hand erwies sich als erstaunlich spreizbar. ‘Erst fünf und greift schon fast eine Oktave, noch ein klein wenig!’ sagte die Mutter, und ihre Stimme überbrückte das restliche Stück, dann fügte sie, damit ich mir nichts einbildete, hinzu: ‘Im übrigen sind auch ihre Füße so groß!’, wodurch sie in mir das dumpfe und heftige Verlangen weckte, einmal mit dem Fuß eine Oktave zu greifen (um so mehr, als ich von allen Kindern das einzige war, das die Zehen spreizen konnte). Nie wagte ich indessen, so etwas zu tun, ja auch nur zu Ende zu denken, denn ‘das Klavier ist ein Heiligtum’, aufs Klavier legt man nichts, weder Füße noch Bücher." (S. 8-9)

Hier bewahrheitet sich wieder Freuds Erkenntnis, dass die Sexualität, die in der Pubertät zur biologischen Reife gelangt, bereits im Kind angelegt ist. Marina verspürte den Wunsch, das Klavier, das sie emotional mit der Mutter verband, mit einem Körperteil aus der gleichsam niederen Region unterhalb der Gürtellinie zu berühren, aber sie versagt es sich, weil sie instinktiv wusste, dass sie das Klavier entweihen würde, und das ist ein Tabu, das sie nicht bricht. Das Musizieren, das sie erotisch mit ihrer Mutter vereinigt, muss sublimiert bleiben.
Ebenfalls von einem Tabu in Zusammenhang mit Musik, dessen Bruch sie sich in Gedanken ausmalt, aber nicht wirklich begeht, handelt eine andere Stelle:

"Am meisten von all diesem Früh-Klavierenen liebte ich jedoch den Violinschlüssel. Ein seltsames langgezogenes und durch seine Unverständlichkeit (weshalb Violinschlüssel, wo’s um ein Klavier geht?) einprägsames Wort, das wie ein Schlüssel die ganze mir verbotene Welt der Violine auftat und aus deren Dunkel schmerzlich-dumpf Paganinis Name ertönte ... eine Welt - und das wusste ich schon! - in der man fürs Spielen seine Seele dem Teufel verschachert - ein Wort, das mich fast zur Geigerin gemacht hätte." (S. 19)

Gedanken, die der Violinschlüssel in ihr weckte, führten sie in eine "verbotene Welt", die erst mit einem Schlüssel aufgeschlossen werden muss, also für gewöhnlich gleichsam versperrt, tabu ist. Zu dieser verbotenen Welt gehört Paganini, mit dessen Namen Musikkenner etwas Bestimmtes verbinden: Sein Violinspiel war so virtuos, dass er sein Publikum in Ekstase versetzte, ja geradezu verhexte. Deshalb glaubten viele seiner Zeitgenossen, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, was von Zwetajewa auch angesprochen wird - "fürs Spielen seine Seele verschachert".
Nicht erwähnt wird von ihr ein anderes Gerücht, das sich hartnäckig auch nach dem Tod Paganinis hielt und Marina Zwetajewa als musikalisch gebildetem Menschen mit großer Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen sein dürfte, wenn nicht als Kind, so als Erwachsener, die 1934 Mutter und die Musik schrieb: Um so diabolisch virtuos spielen zu können, habe der Teufelsgeiger seine Geliebte geschlachtet, aus ihrem Darm eine Saite gefertigt und sie als G-Saite auf seine Violine gespannt. Diesem Gerücht, also einer kollektiven Fantasie, dürfte die archetypische Vorstellung vom Musikinstrument als Frauenkörper zugunde liegen - Musik ist in hohem Maße sublimierte Erotik, wobei der Musiker den aktiv-männlichen Part, das Instrument, das von ihm bearbeitet wird, den passiv-weiblichen Part innehat.
Paganini hat ein Stück aus dem Körper einer von ihm geliebten Frau zu einem wichtigen Teil seiner Geige gemacht. Was die Violine - dem Gerücht nach - für ihn war, das war das Klavier für die junge Marina: ein Frauenkörper, und zwar der Körper ihrer Mutter, die die männliche Teilpersönlichkeit, die in ihr steckte, begehrte; Klavierspielen war für sie inzestuöse Liebe, die aber sublimiert blieb - sie versagte es sich, das Instrument mit ihrem Fuß zu berühren.
Man wird mir vorwerfen, ich hätte den Darm von Paganinis Geliebter als G-Saite an den Haaren herbeigezogen - schließlich steht nichts davon im Text! Vielleicht trifft dieser Vorwurf zu. Vielleicht auch nicht. An anderer Stelle in Mutter und die Musik heißt es:

"Nach einer solchen Mutter blieb mir nur eines übrig - Dichter zu werden. Um mich von ihrem Vermächtnis zu befreien, das mich sonst erstickt oder zum Übertreter sämtlicher menschlicher Gesetze gemacht hätte." (14)

Es hätte sie zum "Übertreter (Männliche Form! Auch im russischen Original!) sämtlicher menschlicher Gesetze" gemacht - eine dramatische Formulierung! Wird dann im selben Text die "verbotene Welt" des Teufelsgeigers Paganini ins Spiel gebracht, dürfte die Assoziation zu solch einem gruseligen Gerücht erlaubt sein. Vielleicht hängt damit auch diese Stelle zusammen:

"Alle sind im Freien: Andrjuscha und Papa sind baden gegangen, die Mutter und Assja ‘ins Holz’. Walerija nach Tarussa zur Post, nur die Köchin hämmert mit dem Fleischmesser, und ich - auf den Tasten." (23)

Das Bearbeiten von Fleisch durch die Köchin und das "Bearbeiten" des Musikinstruments durch die junge Marina sind von der erwachsenen Zwetajewa 1934 sicher nicht grundlos durch die Satzkonstruktion parallelisiert worden. Grausamkeit und Fleisch sind unbewusst im Spiel und erlauben eine Assoziation zum Paganini-Gerücht.
Marina Zwetajewas Berufung aber war es, Dichterin, nicht Musikerin zu werden. Deshalb musste sie sich von der Musik, durch die sie mit ihrer Mutter inzestuös verstrickt war, lösen und dadurch gleichzeitig aus ihrer Kindheit heraustreten und erwachsen werden:

"Einen musikalischen Eifer ... besaß ich nicht. Schuld daran oder vielmehr die Ursache dafür war der überbordende Ehrgeiz meiner Mutter, die von mir nicht das forderte, was dem Maß meiner Kräfte und Fähigkeiten entsprach, sondern jene Maßlosigkeit und Alterslosigkeit, wie sie nur eine echte, angeborene Berufung hervorbringt. Sie forderte von mir - sich selbst! Von mir, die ich bereits eine Dichterin war, doch nie und nimmer eine Musikerin." (20-21)

Die Befreiung aus dem Bann der Musik und Selbstwerdung gelingen auch, aber erst nach dem Tod der Mutter, die starb, als Marina eine Halbwüchsige war. Bis dahin lebte sie dominiert von der Musik, die sie emotional so sehr mit der Mutter verband, dass von Erwachsenwerden nicht die Rede sein kann:

"Das dritte und vielleicht längste Klavier ist jenes, unter dem man sitzt: das Klavier von unten, die Unterwasser- , die Unterklavierwelt. Submarin ist’s nicht nur wegen der Musik, die einem auf den Kopf herabströmt: zwischen unserm Klavier und den Fenstern ... standen Blumen, Palmen, Philodendren, die das subklavierene Parkett in einen echten Wassergrund mit grünlichem Lichtschimmer (auf den Gesichtern und Fingern) und echten, berührbaren Wurzeln verwandelte, wo Mutters Füße und die Pedale sich wie Riesenungeheuer lautlos bewegten." (36)

In dieser Fantasie des Kindes, das unter dem Klavier sitzt, während die Mutter spielt, erscheint die "Unterklavierwelt" als Unterwasserwelt, die Füße der Mutter und die Pedale als Seeungeheuer und die Zimmerpflanzen als Unterwasserpflanzen. Dieser Fantasie liegt die archetypische Vorstellung von der Unterwasserwelt als Symbol für die Kindheit zugrunde. Wie Undine in Fouqués gleichnamiger Erzählung oder die kleine Seejungfrau in Andersens Märchen muss die junge Marina aus dieser Unterwasserwelt heraussteigen, um erwachsen zu werden.
Der Archetypus der Unterwasserwelt als Kindheitssymbol liegt auch folgender Stelle zugrunde:

"Die Mutter überschwemmte uns mit Musik ... überflutete uns wie Hochwasser. Ihre Kinder waren, wie die Hütten der Armen am Ufer großer Flüsse, von vornherein dem Untergang geweiht. ...
Ich kann sagen, dass ich nicht ins Leben, sondern in die Musik hinein geboren wurde."
(S.24 - Das kursiv von mir, G.W., Hervorgehobene ist im russischen Original deutsch)

Marina Zwetajewa sieht ihre von der Musik beherrschte Kindheit als Zwischenstadium zwischen dem Dasein vor und nach der Geburt. Das Leben im Mutterleib bezeichnen wir als ursprünglichen Narzissmus, weil es von uneingeschränkter Geborgenheit geprägt ist; mit der Geburt tritt der Mensch dann hinaus ins Leben mit seinen Zumutungen, Gefahren und Kränkungen. Ein Teil der vorgeburtlichen Geborgenheit bleibt dem Kind jedoch durch das Umsorgtwerden durch die Eltern erhalten. Sie bewahren es in der Regel vor Konfrontationen mit der Wirklichkeit des Lebens, die es überfordern würden und für die es erst als Erwachsener stark und reif genug ist. Kindheit ist ein Zwischenstadium, das Reifung und Selbstwerdung ungebührlich hinausschieben kann, wenn es zu lange dauert oder das Kind zu sehr von den Eltern dominiert wird. Das meint Marina, wenn sie schreibt, Mutter habe sie nicht ins Leben sondern in die Musik hineingeboren.
Die Musik als Bestandteil ihrer Kindheit stiftete eine emotionale Gemeinschaft mit ihrer Mutter, die Ersatz für die uneingeschränkte Geborgenheit in der Mutter bot. Deshalb hatte Marina als Kind die Fantasie, im Musikinstrument, das den Leib ihrer Mutter vertrat, geborgen zu leben, genauer: im Metronom, das pars pro toto ist:

"Das Metronom habe ich bis zu meinem vierten Lebensjahr geliebt, fast so wie die Kuckucksuhr, und aus demselben Grund: weil auch in ihm jemand lebt, wer - das ist unbekannt, und weil ich es war, die ihn in seinem Gehäuse zum Leben erweckte. Es war ein Haus, in dem ich selber gern gewohnt hätte. (Kinder wollen immer in etwas Unmöglichem leben - so träumte mein sechsjähriger Sohn davon, in einer Straßenlaterne zu wohnen: sie ist hell, warm, hoch oben, man sieht alles ringsum. ‘Und wenn sie dein Haus mit Steinen bewerfen?’ - ‘Dann werde ich sie mit Feuer überfallen!’)" (25)

Sie hat das Metronom geliebt, aber in dem Dialog mit dem Sohn zeigt sich auch Aggressivität: die Fantasie, den Ersatz-Mutterleib durch Steinwürfe zu zerstören. Die musikalische Gemeinschaft mit der Mutter ermöglichte besondere emotionale Nähe zur Mutter, die als Geborgenheit erlebt werden konnte, machte sie aber auch zur Gefangenen und hielt sie von ihrem eigenen Weg ab. Deshalb kommt das Metronom weiter unten schlecht weg:

"Das Metronom war ein Grab, und in ihm lebte der Tod.
...
Wenn ich jemals jemand habe umbringen wollen, so das Metronom. Und noch heute erinnere ich mich deutlich an den leidenschaftlich-rachsüchtigen Blick, den ich ihm, wenn das Spiel beendet war und ich mit der ungezwungensten Miene am Notengestell vorüberging, über die hochmütig hochgezogene Schulter zuwarf: ich - gehe, und du - bleibst hier!" (26)

Die inzestuöse Verbindung mit der Mutter durch die Musik ist pathologisch, etwas zu Überwindendes - dafür spricht auch eine Assoziation, zu der Marina Zwetajewa von dem Begriff Bass-Schlüssel aus über Bass und den Gesangsvirtuosen Schaljapin geführt wird:

"Das Wort Bass, wie in Bass-Schlüssel, bedeutete für mich einfach Trommel, der Bass aber: Schaljapin. Eine närrische Verehrerin (sie ist nicht ganz bei Sinnen und verneigt sich ständig!) stellt um Mitternacht ihren dreijährigen Sascha auf den Tisch und befiehlt ihm, ‘wie Schaljapin’ zu singen." (20)

Ein Kind wird nicht altersgemäß behandelt. Der kleine Junge wird zu einer Zeit, wo Kinder schlafen, geweckt und soll seiner Mutter wie der Gesangsvirtuose Schaljapin vorsingen, also etwas machen, was nur ein erwachsener Mann kann, mit Bassstimme singen, dazu noch meisterhaft. Für den Freudianer ist die sexuelle Symbolik klar: Die Mutter verlangt von dem Kind etwas, das es erst als Erwachsener können wird. Virtuos werden heißt erwachsen werden. Dem Kind darf man es noch nicht abverlangen, sonst ist es Missbrauch. Dazu passt auch die Assoziation zu Goethes Ballade Erlkönig, die vom Anhören des Klavierspiels ihrer Mutter erzeugt wird:

"Von Geburt an hörte ich das Allerschönste, das man überhaupt hören kann ... Wie sollte ich mir nach der unerträglichen Magie dieser allabendlichen Ströme (dieser undinischen, erlköniglichen ‘Perlenläufe’) mein eigenes ehrliches, trauriges, angestrengtes ‘Spiel’ - mit Zählen und Metronomschlägen - anhören wollen?" (24)

In Goethes Erlkönig, der sie so stark beeindruckte, dass sie eine Abhandlung darüber geschrieben hat (2), geht es um Kindesmissbrauch. Vom Klavierspiel der Mutter geht eine gefährliche erotische "Magie" aus.

Marina Zwetajewas Bestimmung war es durchaus, erwachsen und virtuos zu werden, aber als Dichterin, nicht als Musikerin. Da sie wie jeder Mensch bereits als Kind erotische Bedürfnisse hatte, war ihr die Versuchung nicht fremd, dennoch im Bereich der Kindheit, das heißt der Musik, in der sie emotional so sehr mit ihrer Mutter verbunden war, virtuos und erwachsen zu werden, wovon die oben zitierte Passage mit der "verbotenen Welt" des Teufelsgeigers Paganini erzählt. "Erwachsen" zu werden, das heißt die (in der Kindheit bereits angelegten und schließlich) biologisch zur Reife gelangen sexuellen Triebe auszuleben und sich dennoch nicht von der Mutter gelöst zu haben, sondern in der mit ihr gemeinsamen Musik virtuos werden, nicht als Dichterin, wäre pathologisch, inzestuös, sie wäre in einem Pakt mit dem Verbotenen, Bösen befangen geblieben.

Doch Marina Zwetajewa hatte eine starke, gesunde Persönlichkeit. Sie hat sich von der Musik freigemacht und zu ihrer Berufung als Dichterin gefunden.

1) Zitiert wird nach: Marina Zwetajewa: Mutter und die Musik. Aus dem Russischen von Ilma Rakusa. Suhrkamp 1987

2) In Zwei "Erlkönige" (Dva "lesnych carja") vergleicht sie Zhukovskijs russische Nachdichtung mit Goethes Original.

   
 
Top