In einem Bächlein helle Da schoß in froher Eil Die launische Forelle Vorüber wie ein Pfeil. Ich stand an dem Gestade Und sah in süßer Ruh Des muntern Fisches Bade Im klaren Bächlein zu.
Ein Fischer mit der Rute Wohl an dem Ufer stand Und sah´s mit kaltem Blute, Wie sich das Fischlein wand. So lang dem Wasser Helle, So dacht ich, nicht gebricht, So fängt er die Forelle Mit seiner Angel nicht.
Doch plötzlich ward dem Diebe Die Zeit zu lang. Er macht Das Bächlein tückisch trübe, Und eh ich es gedacht, So zuckte seine Rute, Das Fischlein zappelt dran, Und ich mit regem Blute Sah die Betrogne an.
Das ihr am goldnen Quelle Der sichern Jugend weilt, Denkt doch an die Forelle; Seht ihr Gefahr, so eilt! Meist fehlt ihr nur aus Mangel Der Klugheit. Mädchen, seht Verführer mit der Angel! Sonst blutet ihr zu spät.
Das lyrische Ich warnt unberührte Mädchen davor, sich verführen lassen. Denn durch die Entjungferung werden sie, wie man früher sagte, "zur Frau gemacht", das Erwachsenenleben mit seinen Mühen und Kränkungen beginnt, die unbeschwerte, wohlbehütete Kindheit mit ihrer paradiesischen Unschuld und narzisstischen Geborgenheit, deren hoher Wert auch dem lyrischen Ich bewusst ist ("goldnen Quelle / Der sichern Jugend"), wird beendet. Das unschuldige Mädchen, das sich nicht aus seinem Kindheitsparadies herauslocken lassen soll, wird mit einer Forelle verglichen, die nicht mehr in ihrem Element bleibt, wenn sie sich angeln lässt. Dieser Metaphorik liegt die Unterwasserwelt als archetypisches Symbol für die Kindheit zugrunde. Die erst lauernde und dann zuckende Angelrute lässt sich als Phallussymbol deuten und das Bluten der Mädchen in der Schlusszeile als Bluten bei der Entjungferung.