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PUSCHKINS ПРОРОК ("Der Prophet") IM LICHTE THEMATISCH VERWANDTER DICHTUNG UND MYTHOLOGIE

Русская версия / Russische Version

Der Prophet

Von geistigem Durst gequält,
Schleppte ich mich in der finsteren Wüste dahin, -
Und ein sechsflügeliger Seraph
Erschien mir am Kreuzweg.
Mit Fingern, leicht wie ein Traum,
Berührte er meine Augen.
Seherische Augen öffneten sich,
Wie bei einem aufgeschreckten Adlerweibchen.
Meine Ohren berührte er, -
Und sie erfüllte Lärm und Klang:
Und ich vernahm des Himmels Erbeben,
Und der Engel Flug im Himmel,
Und der Meeresungeheuer Zug unter Wasser,
Und das Wachsen der Rebe auf der Erde.
Und er beugte sich zu mir herab, schmiegte sich an meine Lippen;
Und riss mir die sündige Zunge heraus,
Die arglistige mit ihrem eitlen Geschwätz,
Und die Zunge der weisen Schlange
Legte er mit seiner blutigen Rechten
In meinen erstarrten Mund.
Und er schnitt mir die Brust mit dem Schwert auf,
Und nahm das zuckende Herz heraus,
Und legte die Glühkohle
In meine geöffnete Brust.
Wie ein Leichnam lag ich in der Wüste,
Und Gott Stimme rief mich an:
"Erhebe dich, Prophet, und sieh, und vernimm,
Werde meines Willens voll,
Und, über Meere und durch Länder wandernd,
Brenne mit dem Wort die Herzen der Menschen".

Thema des berühmten Gedichts sind Inspiration, die Potenzen, die zu ihrem Zustandekommen notwendig sind, die Weihe eines auserwählten Menschen zum Inspiriertwerden. Von Gott inspiriert werden nicht nur Propheten, sondern auch Dichter, die deshalb oft mit Propheten verglichen und poeta vates, Dichter-Seher, genannt werden; mit dem Inspirierten im Puschkin-Gedicht ist nicht nur ein Prophet, sondern auch ein Dichter gemeint. Die Vorstellung, dass Dichter Propheten und Wahrsagern gleichen, weil eine höhere Macht durch sie spricht, lässt sich in die Antike zurückverfolgen; bekannt ist die Charakteristik, die Platon in seinem Dialog Ion von ihnen gibt (534):

Wie sie nun nicht durch Kunst dichtend vieles und schönes über die Dinge sagen ..., sondern durch göttliche Schickung: so ist nun deshalb Jeder nur dasjenige schön zu dichten vermögend, wozu die Muse ihn antreibt, der eine Dithyramben, ein anderer Lobgesänge, wieder ein anderer Tänze, Sagen, oder Jamben, und im übrigen ist Jeder schlecht. Nämlich nicht durch Kunstfertigkeit (techne) bringen sie dieses hervor, sondern durch göttliche Kraft. Denn wenn sie durch Kunst über Eins schön zu reden wüßten, würden sie es auch über alles Andere. Daher auch der Gott nur nachdem er ihnen die Vernunft genommen sie und die Orakelsänger und die göttlichen Wahrsager zu Dienern gebraucht, damit wir Hörer gewiß wissen mögen, daß nicht diese es sind, welche das sagen was soviel wert ist, denen ihre Vernunft ja nicht einwohnt; sondern daß der Gott selbst es ist, der es sagt, und daß er nur durch diese zu uns spricht.

Auch Horaz, Vergil, Ovid, Größen der Augusteischen Zeit, benutzen vates, den Begriff für "Prophet, Seher", in der Bedeutung "Dichter", zum Beispiel Ovid in den Amores 3,9, als er um den verstorbenen Tibull trauert:

Dabei heißt es doch, wir Dichter seien "heilige Seher" (sacri vates) und Gegenstand göttlicher Fürsorge; ja manche sagen, in uns wohne ein Gott. Freilich, der leidige Tod entweiht alles, was heilig ist, und legt an alles seine düstere Hand.
(Übersetzung: M. von Albrecht)

Oder Horaz (De arte poetica 391-401), der in dem mythischen Urdichter Orpheus zugleich einen Lehrer und Erzieher der Menschen zu Kultur, Religion und Sittlichkeit im Auftrag der Götter sieht:

Orpheus, der heilige Priester der Götter (sacer interpretesque deorum), entwöhnte die Menschen,
Als sie in Wäldern noch hausten, von Mordlust und blutiger Speise,

                                  Der Weisheit ursprüngliche Lehren
Trennten gemeinen Besitz vom privaten, profanen vom heilgen,
Wehrten der wilden Begattung und schufen Eheverträge,
Gründeten Städte und ritzten Gesetze auf hölzerne Tafeln.
Also genossen die göttlichen Sänger (divini vates) und ihre Gedichte
Ruhm und Verehrung.

Mit „Priester“ gibt Horst Rüdiger, dem wir diese Übertragung verdanken, interpres wieder, was „Dolmetscher, Ausleger, Erklärer, Vermittler“ bedeutet; seine Übersetzung ist frei, aber richtig, denn der Priester gilt seit alters als Mittler zwischen Göttern und Menschen und dem poeta vates als dem Künder und Vermittler göttlichen Willens kommt priesterliche Aura zu (1).

Weil es um Inspiration geht, ist diese Interpretation vielleicht erst dann richtig verständlich, wenn man zuvor die Artikel Inspiration und Pneumatische Tiere oder zumindest diese Interpretation auf meiner Homepage gelesen hat.

Zum Wesen der Inspiration hier nur so viel: Sie wird gut durch Marina Zwetajewas Gedicht Ich bin ein Blatt für deine Feder veranschaulicht:

Ich bin ein Blatt für deine Feder,
Empfange alles. Ich bin ein weißes Blatt.
Ich bin Hüter für dein Gut:
Ich zieh es groß und geb es reichlich vermehrt zurück.

Ich bin Dorf und Schwarzerde.
Du bist mir Sonnenstrahl und Regennass.
Herrgott und Gutsherr bist du mir, und ich
Bin Schwarzerde dir - und weißes Blatt!

Marina Zwetajewa vergleicht sich als Dichterin mit Mutter Erde, auf die der göttliche Himmel befruchtend und wachstumsfördernd einwirkt: Durch Licht und Wärme der Sonne und durch Regen. Damit auf ihr, der Erde, die Feldfrucht, das Kunstwerk, reift. Da ohne Sonne und Regen kein Leben auf Erden gedeiht, haben im archaisch-mythischen Denken Sonnenstrahlen phallischen Charakter (Beispiele hier) und Regentropfen sind göttliches Sperma, weshalb zum Beispiel die alten Griechen bei den Eleusinischen Mysterien nach oben blickend Hye! „Regne!“ und zu Boden blickend Kye! „Empfange!“ riefen; der Himmelsgott Zeus wurde beschworen, die Erde zu befruchten, und die Erde, schwanger zu werden. Die fruchtbare Liebesvereinigung des Himmels, der im naturreligiösen Empfinden immer männlich war, mit der weiblichen Erde nennt man hieros gamos, göttliche Hochzeit.

Ein anderes Beispiel für einen hieros gamos findet sich in Homers Ilias (14, 346ff.). Der männliche Himmelsgott Zeus wohnt Hera bei, die als seine Gattin Mutter Erde/Mutter Natur verkörpert, und bewirkt dadurch Entstehung und Wachstum von Pflanzen:

Also Zeus, und umarmte voll Inbrunst seine Gemahlin.
Unten nun spross die heilige Erd‘ aufgrünende Kräuter,
Lotos mit tauiger Blum‘, und Krokos, samt Hyakinthos,
Dichtgedrängt und weich, die empor vom Boden sie trugen:
Hierauf ruheten beid‘, und hüllten sich rings ein Gewölk um,
Schön und strahlend von Gold; und es taueten glänzende Tropfen.

Zeus umgibt sich und Hera mit einer Wolke, damit niemand sie beobachtet. Diese Wolke, die der Licht- und Sonnengott Zeus zu dem Liebesakt schuf (und die wohl Ausstrahlung seines Liebesverlangens, seiner Potenz ist (1a)), ist golden. Von ihr „fallen leuchtende Tautropfen herab“ (wörtlich übersetzt), und zwar auf die Erde und die Pflanzen – Lichtsperma, das befruchtet und das Wachstum der Natur fördert. Zeus wird Licht- und Sonnengott genannt, weil er, bevor er Menschengestalt annahm, ursprünglich die Sonne war,  woran noch die etymologische Verwandtschaft seines Namens mit lateinisch dies „Tag“ erinnert (2) – er war der Gott der Tageshelle, des Tageslichts.

Nun zu Puschkins Gedicht. Die Sehergabe wird dem Auserwählten unter anderem durch Einpflanzen einer Schlangenzunge zuteil, wodurch er etwas vom Wesen dieses Tieres annimmt. Schlangen aber gelten seit uralten Zeiten als mantische Tiere, die dem Menschen Orakel geben oder ihn zum Weissagen und Wahrsagen befähigen, oft indem sie ihn die Sprache der Vögel (und anderer Tiere) verstehen lassen, von denen er Verborgenes und Zukünftiges erfährt. Ein gutes Beispiel ist die Kindheit des Sehers Iamos, den seine Mutter nach der Geburt hilflos zurückließ. Laut Pindar zogen ihn zwei „Schlangen nach der Götter Ratschluss mit dem untadeligen Honig der Bienen auf“ (3). Übersetzern und Interpreten macht in diesem Zitat das altgriechische Wort ios Schwierigkeiten, das wir mit „Honig“ wiedergeben, obwohl es eigentlich „Gift“ bedeutet. Der Begriff „Gift“ ist ja auch nicht weit hergeholt, weil er zu den Bienen passt, die sich mit ihrem Gift wehren können, und natürlich zu den Schlangen. Aber ernährt man ein Kind mit Schlangen- oder Bienengift? Hermann Usener übersetzt: „mit dem tadellosen Safte der Bienen“, denn Biene und Honig sind in der Antike Symbole für inspiriertes Dichten und Weissagen: „Hier schlägt die Vorstellung ein, dass Seher und Dichter, die Künder göttlichen Worts auf Erden, durch die Götterspeise des Honigs, die ihnen in frühester Jugend auf wunderbare Weise eingeflößt worden, zu ihrem hohen Berufe geweiht worden seien“ (4). Weiter unten werden wir eine Erklärung für diese mehrdeutige Pindarsche Begriffswahl versuchen.

Weitere Beispiele für mantische Schlangen: Von dem griechischen Seher Melampus wird überliefert, dass ihm, als er schlief, Schlangen beide Ohren ausleckten. Als er aufwachte, befiel ihn große Furcht, aber er verstand die Sprache der Vögel und konnte mit ihrer Hilfe die Zukunft prophezeien (5).
Die Pythonschlange, die der männliche Gott Apollo tötete und dadurch das Orakel von Delphi seiner Herrschaft unterwarf, galt nicht nur als Wächter dieser Stätte, sondern auch als mantisches Tier, das die Orakel gab (6).
Auch den Trophonios, der als Erddämon bei Lebadeia in Böotien in einer Höhle wohnte und Orakel gab, stellten viele sich in Schlangengestalt vor (7).
Im Grimmschen Märchen Die weiße Schlange befähigt der Genuss von Schlangenfleisch dazu, die Sprache der Tiere zu verstehen, und dieselbe Gabe verleiht in einem serbischen Märchen,
Die Tiersprache, der Schlangenkönig einem Hirten als Dank für die Rettung seiner Tochter, indem er ihm mehrmals in den Mund spuckt (und sich von ihm in sein Maul spucken lässt). Die Sprache der Vögel – so überliefert die Edda im Fafnismal - versteht auch der nordische Held Sigurd, nachdem er Blut des von ihm getöteten Lindwurms Fafnir, eines schlangenartigen Fabelwesens, gekostet hat – eine Mythe, die Richard Wagner als Vorlage für seinen Ring des Nibelungen gedient hat. Dieselbe Gabe erlangte man laut Demokrit durch den Verzehr einer Schlange, die erzeugt wurde, wenn man das Blut bestimmter Vögel mischte (8).
Dass Schlangen früher als mantische Tiere galten, zeigt auch die Etymologie: Russisch gad-at' "wahrsagen" leitet sich von urslavisch  *gadъ "Schlange" ab, das tschechisch und slovakisch had "Schlange", ukrainisch gad "Schlange" und russisch gad "Reptil, Amphibie" (das auch in unserem Gedicht vorkommt) wurde (9).

Dieser uralte Glaube, dass die Gabe des Weissagens, Wahrsagens und Dichtens von Schlangen herrührt, liegt auch Puschkins Prophet zugrunde. Im Auftrag Gottes reißt ein Engel dem Auserwählten die Zunge heraus und pflanzt ihm eine Schlangenzunge ein, die ihn zum Seher macht. Um inspiriert zu werden, um sich das Wesen der Schlangen anzueignen, ja einzuverleiben, muss der Mensch mit diesen unheimlichen, gefährlichen Tieren  in intimsten Kontakt treten, was Unbehagen und Angst erregen kann: Ihr Fleisch verzehren, ihren Speichel oder ihr Blut schlucken,  sich wie Melampus die Ohren von ihnen auslecken lassen, sich ihre Zunge einpflanzen oder sich wie der kleine Iamos von ihnen füttern lassen. Vielleicht wird so Pindars Doppeldeutigkeit verständlich, als er schildert, wie Iamos ernährt wurde: „zwei … Schlangen zogen ihn … mit untadeligem Seim (10)/ Gift (11)/ Zaubertrank (12) der Bienen auf“. Man kann sich darunter Honig vorstellen und zugleich Bienen- oder Schlangengift (vielleicht Honig, den die Schlangen mit ihrem Gift als Ferment angereichert haben?), denn Inspiration ist eine dämonische Gewalt, mit der Gott den Menschen erfüllt, ja heimsucht; sie kann ihn verstören und in den Wahnsinn treiben, ist nicht nur etwas Willkommenes, Süßes, sondern auch etwas Furchteinflößendes, Gefährliches – deshalb die Schlangen-Ammen des Iamos, deshalb die blutige Metamorphose des Inspirierten in Puschkins Prophet, dem Zunge und Herz herausgerissen werden, um der Schlangenzunge und der glühenden Kohle Platz zu machen.

Zu den meisten dieser Mythen über mantische Schlangen gehört der Glaube an einen geheimnisvollen Zusammenhang zwischen Schlangen und Vögeln: Durch Einverleibung des Fleisches, Blutes oder Speichels von Schlangen oder durch intimen Kontakt mit ihnen versteht der Mensch die Sprache der Vögel. Dabei stehen Schlangen und Vögel doch in ausgeprägtem Gegensatz: Erstere sind chtonische (13) Tiere: Sie leben auf der Erde oder in ihr, und wenn sie sich fortbewegen, bleiben sie, weil sie kriechen, mit der Erde in engerem Kontakt als die anderen flügellosen Tiere. Vögel dagegen sind uranische (14) Tiere; ihr Reich ist der Äther.
Dass kriechende und fliegende Tiere bei der Befähigung zur Mantik auf geheimnisvolle Weise zusammenwirken, gilt auch für Pindars Bericht über Iamos‘ Kindheit: Zum Seher wird er durch den Genuss des Honigs (oder Zaubertranks) der Bienen, mit dem  ihn Schlangen füttern (14a).  
Wie lässt sich nun erklären, dass Mantik erst durch Zusammenwirken dieser gegensätzlichen Kräfte, unterer und oberer Tiere, möglich wird? Erinnern wir uns, dass Inspiration, eines Dichters oder eines Propheten, ein Zeugungsakt in höherem Sinne ist.  Marina Zwetajewa vergleicht sich als inspirierte Dichterin mit Mutter Erde, auf die der Himmelsgott mit Regen und Sonnenlicht befruchtend einwirkt, so dass in ihrem Schoß die Frucht, das Kunstwerk, reift – Himmel und Erde, die obere männliche und untere weibliche Gottheit, vereinigen sich in einem hieros gamos. Damit ein Mensch mantisch wird, braucht er nicht nur die Tiere des Äthers, sondern auch die Kräfte aus der Tiefe der Mutter Erde, deren Tier die Schlange ist (15). Dieses Zusammenwirken von Oben und Unten macht auch den Auserwählten in Puschkins Prophet sehend, nachdem ihm eine Schlangenzunge eingepflanzt wurde und die Berührung des Engels ihn adlerhaft gemacht hat. Die mantische Gabe schickt ihm Gott durch einen Engel, der drei Flügelpaare hat, also zum Reich der fliegenden Geschöpfe gehört. Dieser Engel ist ein Seraph, ein Wesen, das auch Schlangenmerkmale hat (16), denn das hebräische Wort für Seraph, saraf, bedeutet auch Schlange, zum Beispiel in 4 Moses 21, 6:

Da sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben.

Oder Jesaja 14,29:

Freu dich nicht, ganz Philisterland,
dass zerbrochen der Stab, der dich schlug!
Denn aus der Wurzel der Schlange kommt eine Otter,
und ihre Frucht wird ein geflügelter Seraph sein.
Der wird dich durch Hunger tödlich an der Wurzel treffen
und umbringen, was von dir übrig bleibt. (17)

Die Vereinigung der Gegensätze hat also bereits in der Gestalt des Engels, der dem Menschen die mantische Gabe übermittelt, eingesetzt. Dass dem Auserwählten mit der „Zunge der weisen Schlange“ etwas vom Wesen dieses chtonischen Tieres eingepflanzt wird, haben wir festgestellt. Zugleich wird ihm etwas vom Wesen des Himmelsgottes eingepflanzt, dessen Erscheinungsform oft Feuer ist. Als Feuer verzehrt der männliche Vatergott des Alten Testaments ein Opfer in 3 Moses 9,23-24:

Da erschien die Herrlichkeit des Herrn allem Volk. Und ein Feuer ging aus vom dem Herrn und verzehrte das Brandopfer und das Fett auf dem Altar.

Auch göttliche Wesen, die von dem obersten männlichen Gott ausgehen, von ihm gesandt werden, also zu dem uranischen Bereich gehören, erscheinen oft als Feuer, so der Heilige Geist im Pfingstwunder (Apostelgeschichte 2) oder ein Engel dem Moses: „Und der Engel des Herrn erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch“ (2. Moses 3,2).

Auch in Zwetajewas Gedicht Sibylle / Сивилла I erscheint ein männlicher Himmelsgott als Feuer, erfasst die Dichter-Seherin und inspiriert sie. In diesem Gedicht ist sie ein Baum, gehört also wie auch die Erde, mit der sie im anfangs behandelten Zwetajewa-Gedicht verglichen wird, zur Mutter Natur, die weiblich und empfangend ist (18). Unter dem Himmelsgott kann man sich Zeus oder Apoll vorstellen, weil beide Weissagungen erzeugen, indem sie sich mit Bäumen verbinden. In Dodona, einem Orakel der alten Griechen, spricht Zeus "aus der hochgewipfelten Eiche" (19), während Apoll  "aus Lorbeer weissagt" (20); außerdem ist es Apoll, der die Prophetin Sibylle, deren Name der Titel des Gedichts ist, inspiriert (21).

Dass Inspiration aus dem Zusammenwirken von himmlischem Feuer und einem Baum entsteht, sagt auch Tjutschew in seinem Gedicht auf den Tod Goethes Am hohen Baum der Menschheit / На древе человечества высоком. Er nennt den verstorbenen deutschen Dichter „das beste Blatt“ am „hohen Baum der Menschheit“, das „vom reinsten Sonnenstrahl zur Entfaltung gebracht“ und zugleich „mit dem reinsten Saft“ ernährt und großgezogen wurde. Mit letzterem ist der Saft des Baumes gemeint, den er mit seinen Wurzeln aus der Erdentiefe holt – obere und untere Kräfte haben sich vereint und Goethe zum Dichter aufgezogen, was ihn mit Iamos verwandt macht, der von Schlangen „mit dem untadeligen Saft der Bienen“ zum Seher aufgezogen wurde – Tiere der Erde und Tiere des Äthers wirkten zusammen.
Das Blatt, das in Tjutschews Gedicht für Goethe steht, „hielt prophetische Zwiesprache mit dem Gewitter (пророчески беседовал с грозою)“, was bedeutet, dass ein Himmels- und Gewittergott durch Sturmwind, Regen und himmlisches Feuer in Gestalt von Blitzen (21a) auf den poeta vates einwirkte und dichterische Kunstwerke zeugte.

Aus einem hieros gamos, einer fruchtbaren Liebesvereinigung zwischen dem Sonnengott und einem Baum, gehen auch in Paul Celans Gedicht Fadensonnen Lieder, also Gedichte (21b) hervor:

FADENSONNEN
über der grauschwarzen Ödnis.
Ein baum-
hoher Gedanke
greift sich den Lichtton: es sind
noch Lieder zu singen jenseits
der Menschen.

Nur, dass in diesem modernen Gedicht die Rollen vertauscht sind: Die phallischen Strahlen, mit deren Wärme und Licht der Sonnengott sonst auf Mutter Natur, also auf Erde und Pflanzen, lebenzeugend einzuwirken pflegt, gleichen Fäden, hängen also schlaff und auch kurz (reichen nicht mehr hinunter, so dass dunkle Ödnis Himmel und Erde trennt), bis der Baum den aktiven Part übernimmt: Nicht die Sonnenstrahlen kommen von oben zu ihm herab, sondern er wächst zu ihnen hinauf und ergreift sie, wodurch sie sich spannen wie die Saiten eines Musikinstruments (21c) und das Lied erklingen lassen, das die Ödnis vertreibt.  Celans Fadensonnen entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg, als das männliche Prinzip sich gründlich desavouriert hatte. Aus dem Gedicht spricht Hoffnung auf Wiedererneuerung durch das Weibliche.

Göttliches, vom Himmel stammendes Feuer brennt auch in Hölderlins Ode Wie wenn am Feiertage... im Inneren des inspirierten Dichters:

Und wie im Aug ein Feuer dem Manne glänzt,
Wenn Hohes er entwarf, so ist
...
Ein Feuer angezündet in Seelen der Dichter

Der Dichter-Seher muss das himmlische Feuer, damit es ihn inspiriert, in sich aufnehmen, zum Beispiel, indem er es trinkt – so heißt es bei Hölderlin im selben Gedicht:

Und daher trinken himmlisches Feuer jetzt
Die Erdensöhne ohne Gefahr

Dass der Inspirierte das himmlische Feuer trinkt, sagt auch Tjutschew in seinem Gedicht Der Schwan / Lebed‘ vom Dichter, der dem Adler gleicht:

Mag der Adler über den Wolken
Dem Flug der Blitze begegnen
Und mit reglosen Augen
Das Licht der Sonne in sich einsaugen.

Tjutschews Bild vom Adler, der ohne mit der Wimper zu zucken das Licht der Sonne durch seine Augen aufnimmt, beruht auf dem von Aristoteles (Historia animalium IX, 34) und anderen (21d) überlieferten Glauben der Alten, der scharfäugige Seeadler ziehe nur Junge auf, die ohne zu tränen in die Sonne blicken können; andernfalls verstößt oder tötet er sie.

Und in einem anderen Gedicht, Der Schimmer / Problesk, vergleicht Tjutschew den Dichter mit einem in den Erdenstaub gestoßenen gefallenen Engel, der sich wie Ikarus oder ein Adler (22) wieder zur Sonne aufschwingt, aber ihr Licht nicht in sich aufzunehmen vermag,  sondern von ihrem ersten Strahl geblendet wird und wieder auf die Erde zurückstürzt. Thema des Gedichts ist die – unerfüllbare – romantische Sehnsucht,  der Dichter könne himmlisches Feuer atmen (was bedeutet: von himmlischem Feuer erfüllt sein), wenn ihm der Himmelsgott inspirierend durch die Adern strömt:

Wie wenn als Ätherstrahl
der Himmel uns durch die Adern geströmt ist!

Doch, ach! Nicht uns ist er zugesprochen;
Im Himmel werden wir rasch müde, -
Nichtswürdigem Staub ist es nicht gegeben,
Göttliches Feuer zu atmen.

In allen diesen Beispielen ist die Darstellung der Inspiration ein physischer Vorgang geblieben, atmet also nicht den Geist des Christentums, das die Natur überwinden will, indem es sie sublimiert, vergeistigt: das himmlische Feuer dringt nicht (nur) in übertragenem Sinn, nicht (nur) als ätherisch-geistiges Wesen in die Seele, sondern als Naturpotenz in den Körper des poeta vates ein, was auch für Puschkins Prorok gilt: Göttliches Feuer glüht in der Kohle, die dem Auserwählten physisch-brutal an Stelle des Herzens eingepflanzt wird. Der Inspirierte erhält dadurch Anteil am Wesen der oberen Mächte, was bereits durch die Berührung durch den Engel begann, die ihn einem Adler ähnlich machte, also dem Raubvogel, der dem Sonnengott Zeus heilig ist und dessen Gestalt der Himmelgott selbst gerne annimmt, zum Beispiel, als er Ganymed entführt.
Die Vereinigung von Oben und Unten prägt auch das übermenschliche Wahrnehmungsvermögen, das dem Auserwählten zuteil wird und mit der Fähigkeit, dank Schlangen die Sprache der Tiere (und des Grases im serbischen Märchen) zu verstehen, verwandt ist: Er nimmt nicht nur den Flug der Engel im Himmel wahr, sondern auch die Bewegung von Tieren tief im Meer und das vegetative Wachstum der Pflanzen.

Am Beispiel des Zwetajewa-Gedichts Ich bin ein Blatt für deine Feder haben wir aufgezeigt, dass Inspiration ein Zeugungsakt ist, bei dem der Himmelsgott auf den Dichter befruchtend und wachstumsfördernd einwirkt wie auf die Erde, in deren Schoß der Same zur Feldfrucht reift. Der Dichter wird mit der Mutter Erde verglichen, die weiblich ist und empfängt, und das Kunstwerk mit der Feldfrucht. Wofür steht dann das himmlische Feuer, also Blitze oder Sonnenlicht? Sie sind der Same, also Lichtsperma oder Feuersperma. Beispiele bietet die griechische Mythologie: Den hieros gamos zwischen Zeus und Hera haben wir schon angeführt. Goldene Tropfen, mit denen der Himmels- und Sonnengott Zeus im Frühling wachstumsfördernd auf die Natur einwirkt, besingt auch Tjutschew in seinem Frühlingsgewitter:

Regenperlen sind hängen geblieben,
Und die Sonne lässt die Fäden golden glänzen.

Ein weiteres Beispiel ist Danae, die von ihrem Vater Akrisios in einem gruftartigen Zimmer gefangen gehalten wird, damit sie nicht schwanger wird, weggesperrt vom „Licht des Himmels“ (23), dennoch schwängert der Licht- und Himmelsgott Zeus sie, und zwar mittels eines goldenen Regens, der zu ihr durchdringt – „goldenströmendes Sperma (gonas chrysorhytous)“ nennt es Sophokles.
In der Kohle, die Puschkins Auserwähltem eingepflanzt wird, glüht also zeugendes Feuer, das von Gott stammt und ihn inspiriert (23a).

Der Dichter-Seher erscheint dabei passiv, empfangend, in der Rolle einer Frau, ja er wird regelrecht vergewaltigt, denn der Akt ist brutal: Die Zunge wird ihm herausgerissen von der blutigen Hand des Seraph, ebenso das Herz, nachdem der Seraph ihm mit einem Schwert die Brust aufgeschnitten hat, um in seinen Körper einzudringen – eine höhere Macht überkommt ihn, deren Opfer, deren Beute er wird.
Dass der Dichter-Seher im Prorok wie auch im Zwetajewa-Gedicht scheinbar nur eine passiv empfangende Frau ist, kann Missfallen erregen und Widerspruch hervorrufen. Zu Unrecht. Der inspirierte Dichter empfängt zwar passiv in der Rolle der Frau, aber nicht nur. Puschkins Prophet enthält auch den Adler, einen Raubvogel, der dem Sonnengott Zeus heilig, sein Waffenträger ist (24), der in Tjutschews Gedicht Frühlingsgewitter an der Erzeugung des wachstumsfördernden Regens mitwirkt und dessen Gestalt der Himmelgott am liebsten annimmt (25), ein männlich-phallisches Tier, von dessen Wesen etwas bei der Berührung durch den Engel auf den Inspirierten übergeht,  denn „seine seherischen Augen öffneten sich wie bei einer Adlerin“. Adler oder andere Raubvögel versinnbildlichen oft Inspiration und inspirierte Dichter, Tjutschews Gedicht Der Schwan haben wir genannt, ein weiteres Beispiel findet sich bei Pindar (26):

Gruß dir, Freund! Ich sende dir
Dies hier: mit Milch , mit weißer, gemischten
Honig; zugegossener Tau umperlt ihn, den Trank,
Der als Chorgesang sich eint aiolischem Hauchgetön der Flöten;
Spät zwar. Doch ist der Aar hurtig unter den Beschwingten,
Der plötzlich ergreift, von ferne hinter ihr herspähnd, die blut-
ige Beute mit seinen Klauen

Pindars Vergleich des Dichters mit einem Raubvogel, der sich auf seine Beute gestürzt hat und sie in seinen Klauen hält, erinnert an die berühmte Stelle im Igorlied, die die Inspiration des Sängers Bojan schildert:

Wenn der Seher Bojan einem ersinnen wollte ein Lied, breitete er sich aus und war in den Bäumen, war auf der Erde als grauer Wolf und als Adler, blau-grau, unter den Wolken. Und sooft er dessen gedachte was man erzählt aus vergangenen Zeiten von Zwietracht, ließ er zehn Falken los auf eine Herde von Schwänen: der Schwan, den der erste Falke berührt, hob zu singen an, sang den greisen Jaroslaw, sang Mstislaw den Tapferen, der den Rededa zerhieb vor dem Kassogerheer oder er sang Roman den Schönen Swjätoslawitsch. Doch nein, Brüder, Bojan ließ nicht zehn Falken los auf eine Schar Schwäne; er warf seine erlauchten Finger in lebendige Saiten: die rauschten zum Ruhme der Fürsten.
(Übersetzung: Rainer Maria Rilke)

In solchen Vergleichen ist der Dichter beim Zeugungsakt der Inspiration nicht passiv empfangene Frau, sondern hat den aktiv-männlichen Part inne.

Den gleichen Eindruck erhalten wir, wenn wir die Rolle der Bienen bei Dichterweihe und Inspiration untersuchen. Bienen können fliegen und sind deshalb wie Vögel uranische Tiere, die einem auserwählten Menschen die Gabe der Weissagung oder Dichtkunst überbringen und deren Wesen viele Inspirierte annehmen. Ihr Anteil an der Erziehung des Iamos zum Seher ist schon zur Sprache gekommen. Der Philosoph Platon soll – so lässt sich ein Mythos deuten, den Cicero überliefert – von ihnen die Gabe der Weisheit empfangen haben:

Als Platon … als Kleinkind in der Wiege schlief und Bienen sich auf seinen Lippen niederließen, da hieß es, er werde über einzigartige Süßigkeit der Rede verfügen… (27)

Und Pindar wurde der Sage nach durch Bienen zum Dichter geweiht:

Da Pindar noch ein Jüngling war und nach Thespiai ging, ergriff ihn zur Zeit der größten Mittagshitze Ermattung und davon Schlaf. Er nun legte sich wie er war eine kleine Strecke vom Weg nieder; als er schlief, flogen Bienen herzu und bauten ihre Waben an die Lippen an. Das war für Pindar der Anfang Gedichte zu machen.               (28)

Im Gegensatz zum lyrischen Ich in Puschkins Prorok ist die Initiation des jungen Pindar und die des kleinen Platon kein brutaler Akt; gemeinsam aber ist den drei Geweihten die Passivität, mit der sie die Gabe empfangen. Doch in anderen Bildern ist der Inspirierte durchaus der Aktive, der der honigsuchenden Biene gleicht, deren Objekte Blüten sind, so in Platons Dialog Ion:

Es sagen uns nämlich die Dichter, dass sie aus honigströmenden Quellen aus gewissen Gärten und Hainen der Musen pflückend diese Gesänge uns bringen, wie die Bienen, auch selbst so umherfliegend. Und wahr reden sie. Denn ein leichtes Wesen ist ein Dichter und geflügelt und heilig, und nicht eher vermögend zu dichten, bis er begeistert worden ist und bewusstlos und die Vernunft nicht mehr in ihm wohnt…
Nämlich nicht durch Kunst bringen sie dies hervor, sondern durch göttliche Kraft.   (29)

Über den Dramendichter Phrynichos sagt Aristophanes in seiner Komödie Die Vögel, 749-751:

Die heiligen Tanzplätze für die Muttergöttin von den Bergen, wo, ebenso wie die Biene, Phrynichos die Frucht unsterblicher Lieder einerntete, immer süßen Gesang bringend (30)

„Delphische Biene“ nennt Pindar die von Apoll inspirierte und seine Orakel verkündende Priesterin Pythia (31), und mit einer „helltönenden Biene“ vergleicht sich der Dichter Bakchylides in seiner zehnten Ode (32).
Hierher gehört auch, was Pindar in seiner 10. Pythischen Ode  (53f.) sagt:

Denn das Schönste des lobenden Gesanges stürmt, der Biene gleich, von einem zum anderen Gegenstand.                                    (33)

Die Stelle macht den Interpreten Schwierigkeiten (34) – vielleicht lässt sie sich so deuten: Mit „Gegenstand“ übersetzt Waszink richtig logos, dessen Grundbedeutung „Sprechen“, „Gesprochenes“, „Wort“ ist und das deshalb auch „Erzählung“, „Märchen“, „Sage“, „Mythos“ bedeuten kann oder das, wovon die Rede ist, also „Gegenstand“. Pindar schweift in dieser 10. Pythischen Ode (wie auch in anderen Oden) von einem Gegenstand zum anderen wie eine Biene von Blume zu Blume und lässt sich dichterisch anregen, holt sich mantischen Honig. Denn der lobende Gesang, also die Ode, ist noch nicht vollendet,  sondern reift wie ein ungeborenes Kind im Mutterschoß in der Seele des Dichters heran und ist die treibende Kraft, die seinen Sinn wie eine Biene von einer Blüte zur anderen von Motiv zu Motiv schwirren lässt. Pindar wäre dann sowohl Mutterschoß, als auch Biene, die sich Honig holt, also weiblich-passiv und männlich-aktiv zugleich, was auch für Puschkins Propheten gilt: Das lyrische Ich, das zum Dichter geweiht wird, ist zunächst passiv empfangend, als ihm ein geflügeltes Numen, ein Engel, als Bote Gottes die Gabe der Weissagung und Dichtkunst übermittelt. Dadurch aber erhält es Anteil am uranischen Wesen, es wird adlerhaft und erhebt sich zu seiner Aktivität erfordernden Aufgabe als Dichter-Seher, der mit Zivilcourage seine Zeitgenossen aufrütteln soll. Der Auserwählte wird vom Boten des Himmelsgottes überwältigt und geschwängert, aber nicht nur. Das himmlische Feuer, das in Gestalt der Glühkohle in ihn brutal wie in den Körper eines Vergewaltigungsopfers eingedrungen ist, wirkt in ihm und gibt ihm Anteil am Wesen des Himmelsgottes, gibt ihm die Kraft, als Prophet die Herzen der Menschen, denen er ins Gewissen reden soll, zu „brennen“, also mit der Macht des göttlichen Feuers, dessen Objekt, Opfer er zuerst war, nun selber auf die Menschen appellierend, mahnend, zurechtweisend einzuwirken.
Jeder Mensch hat männliche und weibliche Charakterzüge, da Vater und Mutter ihm ihre Eigenschaften vererben. Die Inspiration belebt nicht nur befruchtend den weiblichen, sondern stimuliert auch den männlichen Persönlichkeitsanteil – beide wirken zusammen zur Erzeugung des Kunstwerks. Es kommt zu einer coniunctio oppositorum, zu einer Vereinigung der Gegensätze männlich und weiblich, die sich im Prorok auch dadurch ausdrückt, dass der Adler, dem der Inspirierte ähnlich wird, eine orlica, ein weiblicher Adler ist.

Puschkins Prorok beruht auf der Berufung Jesajas zum Propheten im Alten Testament (Jes. 6, 1-13) und hat deshalb zweifellos christlichen Charakter – jedoch nicht in engem, dogmatischem Sinne. Durchaus unchristlich ist das Motiv der Schlangenzunge, die der Auserwählte als eine Quelle seines Prophetentums empfängt. Denn die Schlange, die Adam und Eva zum Sündenfall verführt hat, gilt Christen als Verkörperung des Bösen, des Teufels, sie leben deshalb in Feindschaft mit ihr (1 Mose 3,14-15). Dazu nur einige Beispiele:
Dass in Irland kaum Reptilien vorkommen, was sich historisch durch seine Isoliertheit als Insel erklärt - nach dem Abklingen der Eiszeit konnten keine Schlangen vom wärmeren Festland einwandern - , führen fromme Iren auf ihren Nationalheiligen St. Patrick zurück, der die Schlangen im Zuge der Christianisierung als Repräsentanten des Heidnischen, Bösen von der Insel ins Meer getrieben haben soll. In diesem Mythos spiegelt sich sicher der Kampf gegen die vorchristliche Naturreligion der Kelten, zu der Schlangenkult gehörte.
„Jede Schlange ist ein Geschöpf des Teufels, und wenn jemand eine Schlange tötet, wird er darum neun Sünden ledig“ (35) predigten laut Vita Cyrilli katholische Missionare den Slaven im Großmährischen Reich – auch hier dürfte das Motiv der Kampf gegen die Naturreligion mit ihrem Schlangenkult gewesen sein – vgl. auch Fußnote 9!
Als den Abt Odo von Cluny (c.878-942) die Lust anwandelte, den heidnischen Dichter Vergil zu lesen, erblickte er in einer Vision ein Gefäß von großer Schönheit, das jedoch voller Schlangen war. Dies deutete er sich als Warnung: Die Schlangen stünden für den verderblichen heidnischen Geist, den Vergils Werk als Gefäß, das durch seine Schönheit verführerisch sei, enthalte (36). Dieser glaubensstrenge Christ hätte sicher auch Puschkins Prorok abgelehnt, in dem ja auch etwas von einer Schlange, das für Heidnisches steht, enthalten ist: die Schlangenzunge, deren Symbolik – wie wir feststellten – aus dem vorchristlichen naturreligiösen Glauben an den mantischen Charakter der Schlange herrührt.
Will man den Geist, der in Puschkins Gedicht auch herrscht, durch Vergleiche veranschaulichen, muss man in vorchristliche Zeiten zurückkehren, als der Dichter noch magischer Priester, Medizinmann, Schamane war, der in Ekstase Kontakt mit Göttern und Ahnen aufnahm und Zauberformeln, Beschwörungen sang, die Künftiges vorhersagten, Krankheiten heilten, Dämonen beschwichtigten. Solch ein Mensch war bei Römern und Latinern in ältesten Zeiten der vates (37), im Altrussischen hieß er veschtschij, was „zauberkundig, inspiriert, Prophet, Dichter“ bedeutete. Bekanntes Beispiel ist der poeta vates Bojan des Igorlieds:

Wenn der Seher Bojan einem ersinnen wollte ein Lied, weitete sein Geist sich aus (38) und war in den Bäumen, war auf der Erde als grauer Wolf und als Adler, blaugrau, unter den Wolken.

Geschildert ist hier die Fähigkeit des schamanischen Dichters, „sich in Tiere zu verwandeln, das eigene, menschlich-personhafte Wesen aufzugeben und mit naturhaften Kräften und Wesenheiten zu >verschmelzen<.“ (39). Bojans Seele tritt aus ihren Ich-Grenzen heraus, er ist in Ekstase (der Begriff kommt von dem griechischen ἔκστασις / ek-stasis, dessen Grundbedeutung "Aus-sich-Heraustreten, Außer-sich-Geraten" ist). Das gilt auch, obgleich weniger intensiv, für den Seher-Dichter in Puschkins Prorok. Die Berührung durch den Engel macht ihn adlerhaft, und in eine Schlange verwandelt er sich (40) zumindest mit einem Teil seines Körpers: mit seiner Zunge. Seine Seele ist aus ihrer individuellen Begrenzung herausgetreten und hat sich in die umgebende Natur ausgeweitet, so dass er die Bewegungen von Tieren tief im Meer und das vegetative Wachstum von Weinstöcken wahrnimmt, was zu den Voraussetzungen gehört, die sein Sehertum ermöglichen – dieser vorchristlich-schamanische Zug macht den poeta vates im Prorok und den veschtschij Bojan des Igorlieds verwandt.

In Puschkins Prorok herrschen Heidnisches und Christliches nicht als Gegensätze, sondern versöhnt. Möglich gemacht wurde das Gedicht erst durch christlichen Geist, der jedoch nicht auf Kriegsfuß mit der durch die Schlange verkörperten Natur steht.


1) Diese archaische Vorstellung vom Dichter, der zugleich moralische Instanz ist und (quasi)religiösen Respekt genießt, prägt die russische Literatur besonders. Dostojewskij war solch eine Gestalt und im 20. Jahrhundert Solschenizyn mit seiner Aura des Mahners und Propheten. In Westdeutschland galt Heinrich Böll vielen linken Intellektuellen als volkspädagogische und moralische Autorität.

1a) und später bei dem christlichen Gott, der Nachfolger des Zeus ist, gloria „Herrlichkeit“ hieß

2) Der Nominativ Zeus, der lautgesetzlich aus *Djeus (Dehnstufe) entstand, zeigt die Verwandtschaft mit dies nicht mehr so klar wie die obliquen Casus, zum Beispiel der Genitiv Dios < *Di(v)os, das mit lateinisch divus „göttlich“, dem Adjektiv zu deus „Gott“ verwandt ist. Dass ursprünglich ein oberer Gott, Himmelgott gemeint war, zeigt dieses Adjektiv noch in Ausdrücken wie sub divo „unter freiem Himmel, im Freien“.

3) Sechste Olympische Ode 45ff.

4) Hermann Usener: Milch und Honig. In: Rheinisches Museum 57 (1902), S. 179

5) Bibliothek des Apollodor 1,9,11

6) Hyginus: Fabulae 140: „Python Terrae filius draco ingens. Hic ante Apollinem ex oraculo in monte Parnasso responsa dare solitus erat.” / Hesychius: “Python daimonion mantikon” vgl. Erwin Rohde: Psyche I, 133f. Fußnote 1

7) Erwin Rohde: Psyche I, 120f., Fußnote 2

8) Plinius: Naturgeschichte X, 137

9) Vgl. Alexander Brückner in: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, Band 48, S. 220.

Weil mit gad Wörter wie russisch gad-kij "ekelhaft" zusammenhängen, nimmt Vasmer (Russisches etymologisches Wörterbuch) als Grundbedeutung von urslavisch gadъ "ekelhaftes Tier" an. Dagegen erscheint uns glaubhafter A. Brückner:
"... die Übereinstimmung der slavischen Sprachen beweist, dass gadъ Schlange bedeutet hat, und es kann dieser Name gewählt worden sein, wie  medvedь "Honigesser" (statt Bär), weil die gewöhnlichen Schlangennamen zmij und azь gemieden werden sollten; die geheimnisvolle Schlange ist Prophet, Seher, Weissager (gatati bedeutet dasselbe) genannt; erst als gadъ einfach "Schlange" ward und der Slave, unter dem Einflusse von Christentum und Manichäismus (vgl. die ausdrückliche Erzählung von dem Verdienst des Schlangentötens in der vita Cyrilli) zu einem Schlangenverächter wurde, übertrug er ihren Namen auf Häßliches, Ekelhaftes, Gemeines" - diese vorchristliche Bedeutung von gad als mantischem Tier wirkt in Puschkins Prorok nach: Die Bewegungen der gady in der Meerestiefe werden von dem Inspirierten wahrgenommen, sind also für ihn von Bedeutung.

10) Übersetzung von Oskar Werner

11) Wörtliche Übersetzung

12) So übersetzt (und deutet) Jan Hendrik Waszink: Biene und Honig als Symbol des Dichters und der Dichtung in der griechisch-römischen Antike, S. 11

13) “Chtonische Tiere“ sind Tiere der Erde oder der Erdentiefe; von griechisch chton, chton-os „Erde“

14) „Uranische Tiere“ sind Tiere des Himmels; von griechisch uranos „Himmel“

14a) Hierher gehört auch der germanische Mythos vom Skaldenmet, den die Snorra-Edda (im Bestandteil Die Sprache der Dichtung) überliefert: Dieser Met, der aus einem Gemisch von Honig und dem Blut eines weisen Menschen, Kwasir, entstand, macht jeden, der davon trinkt, zum Dichter. Um den Skaldenmet zu rauben und den Menschen zur Verfügung zu stellen, verwandelt sich der Gott Odin zuerst in eine Schlange und dann in einen Adler.

15) Gute Charakterisierung der Schlange als Tier der Erde in Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (Pauly-Wissowa), Artikel Schlange, Spalte 509:

„Für die Griechen war die Schlange in erster Linie das Tier der geheimnisvollen Erdentiefe. … Wohin kein Mensch dringt, in die Himmelshöhen der Götter, schwingt sich der Adler auf, und in den Schlünden und Schlüften der Erde, wo die Unterirdischen hausen, verschwindet die Schlange. … In der Tiefe walten die Dämonen, die die Kräfte des Erdbodens ausüben, einerseits böse Gase, Nebel, Stürme, Vulkane, anderseits gute Gaben, wie Quellen, Heilkräuter, Fruchtbarkeit, Schätze, Träume usw.“ (Enthalten ist ein Zitat von O. Crusius)

Dass die Schlange zur Erde gehört, verrät auch die Etymologie des russischen Wortes für dieses Tier: zm-eja. Es ist mit zem-lja, dem russischen Wort für „Erde“ verwandt; beide stammen von der urslavischen Wurzel *zem- / zьm-.

16) Vgl. Otto Kaiser: Das Buch des Propheten Jesaja. Kapitel 1-12, 5. Auflage 1981, S. 127:

„Die Serafim selbst muss man sich in Übereinstimmung mit 14,29 und 30,6 als geflügelte Schlangen vorstellen.  … Ihren Namen tragen sie vermutlich … wegen ihres schmerzhaft-brennenden Bisses. Nach einer ansprechenden Vermutung handelt es sich bei ihnen letztlich um eine Entlehnung der geflügelten Uräen, der Schlangen, die in Ägypten Gott, König und Thron beschützten und die nach zahlreichen Siegelfunden als vierflüglige Wesen auch in Palästina bekannt waren. Ihr eigenliches Urbild ist vermutlich die ägyptische Kobra , Naja nigricollis.“ – aus technischen Gründen müssen die Fußnoten des zitierten Textes mit ihren  interessanten Verweisen weggelassen werden.

17) Übersetzung aus Hans Wildberger: Jesaja. 2. Teilband: Jesaja 13-27, 2. Auflage 1989, S. 573

18) Zum Archetypus Baum als weibliches Wesen ausführlicher hier

19) Homer: Odyssee 14, 327f. und 19, 296f.

20) Homerischer Apollon-Hymnus 396

21) Vergil: Aeneis VI, 56ff.

21a) und in Gestalt von Sonnenlicht: „vom reinsten Sonnenstrahl zur Entfaltung gebracht“  – himmlisches Feuer ist beides: Sonnenlicht und Blitze. Beides kommt von oben, vom einem männlichen Himmelsgott - vgl. auch Fußnote 21d!

21b) In ältesten Zeiten wurden Gedichte gesungen, waren also Lieder. Der Dichter hieß deshalb im Altgriechischen aoidos „Sänger“. Diese Vorstellung hielt sich bis in die Neuzeit hinein: In der Goethe- und Puschkinzeit beispielsweise nannte man den Dichter in poetischer Sprache Sänger / pevec. Auch der vates, also der Seher, Priester, Schamane, trug, was er den Menschen zu verkünden hatte, singend vor, worauf die Etymologie des lateinischen Begriffs für „Prophezeiung, Weissagung“ vaticinium verweist. Er setzt sich zusammen aus vates und –cinium, dem Substantiv zu cano, ce-cini „singen“, meint also ursprünglich, was der Seher singt. Dem lateinischen vati-cinium entspricht im Altgriechischen chresm-o(i)dos „Wahrsager“, wörtlich „Orakelsänger“ – der Begriff findet sich zum Beispiel  in der Stelle aus Platons Dialog Ion, die wir oben zitieren. Dichter und Priester waren also in ältester Zeit singende Schamanen. Diese Urbedeutung lebt noch in Goethes Drama Iphigenie auf Tauris fort: Der taurische König Thoas sagt zu seiner Artemis-Priesterin Iphigenie, die Unheilvolles weissagt: „Die heil’ge Lippe tönt ein wildes Lied“ (1821).

21c) Die Deutung der Fäden als Saiten verdanken wir Marlies Janz: Vom Engagement absoluter Poesie. Zur Lyrik und Ästhetik Paul Celans. 1984, S. 204

21d) Zum Beispiel Claudius Aelianus in seinen Tiergeschichten II, 26 über den Adler:

"Die Echtheit seiner Jungen prüft er auf folgende Weise: Wenn sie noch zart und unbefiedert sind, stellt er sie den Strahlen der Sonne gegenüber und wenn eines blinzelt und den hellen Strahl zu vermeiden sucht, so wird es aus dem Neste ausgestoßen und von diesem Herde entfernt. Sieht es aber unverwandten Blickes hinein, so haftet kein Verdacht an ihm und es wird den echten Kindern beigezählt, weil ihm das himmlische Feuer eine wahrhafte und unbestochene Bewährung seiner Abkunft ist".

Aelian nennt die Sonnnenstrahlen "himmlisches Feuer / pyr uranion" - der Begriff stammt also aus der Antike. "Aetherios ignes" nennt Ovid (Fasti I,473) das "himmlische Feuer", das den Geist der römischen Prophetin Carmenta erfüllt und sie zu Weissagungen inspiriert.

22) So die überzeugende Interpretation von Martin Bidney: The Aeolian Harp Reconsidered: Music of Unfulfilled Longing in Tjutchev, Mörike, Thoreau, and Others In: Comparative Literature Studies Vol. 22 (No.3) Fall 1985, S. 331-334

23) Sophokles: Antigone 944ff.

23a) Puschkin weicht also von der biblischen Vorlage Jesaja 6 ab, wo die Glühkohle der Läuterung Jesajas von Sünde dient - vgl. Bodo Zelinsky: Russische Romantik, S. 25:

"Im Gegensatz zu Jesaja ist die Kohle nicht den unreinen Lippen, sondern dem 'zitternden Herzen' zugeordnet, dessen Platz sie nun einnimmt. Einerseits hat der Glühstein den alten Menschen endgültig ausgelöscht, und im entpersönlichenden Vollzug der Weihung ist die Gotterfülltheit an die Stelle der menschlichen Individualität getreten. Andererseits birgt das Feuer eine aufbauende, wirkende Kraft und weist auf den Schlussbefehl voraus. Als das uralte Sinnbild Gottes, das seine Eigenschaften am besten auszudrücken vermag, kündet es von der Vereinigung des Göttlichen und des Menschlichen."

24) Zeus‘ Waffe ist der Blitz, den der Adler in den Klauen hält – Ovid: Metamorphosen X, 158, Plinius: Naturgeschichte X, 15

25) Ovid: Metamorphosen X, 155ff.

26) Pindar: Dritte nemeische Ode 76-82; Übersetzung: Oskar Werner

27) Cicero: Über die Wahrsagung I, 78 – Übersetzung: Christoph Schäublin

28) Pausanias 9, 23, 2-3

29) 534a-c, Übersetzung: Friedrich Schleiermacher

30) Übersetzung von Jan Hendrik Waszink: Biene und Honig als Symbol des Dichters und der Dichtung in der griechisch-römischen Antike, S. 14

31) Vierte pythische Ode 60

32) Vgl. Herwig Maehler in Suppl 62,1 zu Mnemosyne: Die Lieder des Bakchylides. Erster Teil: Die Siegeslieder, I.: Edition des Textes mit Einleitung und Übersetzung, S. 100ff. und Suppl. 62,2: Kommentar dazu, S. 181f.

33) Übersetzung von Han Hendrick Waszink: a.a.O., S. 14

34) Davon zeugt Waszink, a.a.O., S. 14-16. Seinem Erklärungsversuch, Pindar sei die „Umschaltung“ (welch technizistischer Ausdruck!) vom Objekt, dem Kunstwerk, auf das Subjekt, den Dichter, schwergefallen, pflichten wir nicht bei. Der inspirierte Dichter ist eben nicht (nur) souveränes Subjekt.

35) Zwischen Rom und Byzanz. Leben und Wirken der Slavenapostel Kyrillos und Methodios nach den Pannonischen Legenden … Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Josef Bujnoch. 2. Auflage 1972, S. 96

36) Patrologia Latina 133, 49A

37) Ernst Bickel: Vates bei Varro und Vergil. Die Kult- und Ahnenlieder, Seher-, Zauber- und Heilverse des vates. In: Rheinisches Museum 94 (1951)

38) Mit „sich ausweiten“ übersetze ich „рас-текашется “, das „zerfließen, schmelzen“ bedeutete und auch von Flüssen, die über ihre Ufer treten, gesagt wurde (Slovar‘ russkogo jazyka XI-XVII vv.). Der Geist des inspirierten Bojan breitet sich über seine Körpergrenzen aus (wie ein Fluss über seine Ufer - das Präfix raz- bedeutet "auseinander", weshalb Rilkes Übersetzung mit "breitete sich aus" passt) und verschmilzt mit der Natur. Ansonsten beruht meine Übersetzung auf der von Rilke.

39) Das Lied von der Heerfahrt Igor’s. Aus dem altrussischen Text übersetzt, eingeleitet und erläutert von Ludolf Müller. München 1989, S. 45

40) Genauer: ..wird verwandelt… - Bojan ist ursprünglicher. Anders als Puschkins Dichter-Seher erlebt er seine ekstatische Verwandlung als etwas Natürliches, zu seinem Wesen Gehöriges, nicht als brutalen Eingriff, der von außen kommt, als dessen Objekt er sich fühlt.


 

   
 
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