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Der Mörder wacht an einem Sonntagmorgen auf und sieht hinunter in den Garten. Seine Tochter spielt in der Sonne, schön warm verpackt. Sie hat einen Schneemann gebaut. Die Möhre steckt an der richtigen Stelle: mitten im Gesicht. Mann, waren wir gestern voll, denkt er, aber sie hat friedlich geschlafen und nichts davon mitbekommen. Sie hat es gut bei mir. Ihr habe ich noch nie etwas Böses getan. Gerührt schläft er wieder ein und träumt von einer nasskalten Nacht im Spätherbst. In einen Laubhaufen, den er mit dem Rechen akkurat zusammengekehrt hat, fährt eine Windbö und wirbelt ihn durcheinander. Wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm fliegen die Blätter hoch und lassen sich in einer kahlen Baumkrone nieder, jedes wieder festgewachsen und zart. Sein blondes Opfer erscheint an seinem Bett, wie damals in Minirock und Turnschuhen ohne Strümpfe. Ihr Haut ist schneeweiß, es dringt ja kein Sonnenstrahl durch die Erde zu ihr. Schwarze Flecken von modrigem Erdreich auf Schenkeln und Wangen lassen sie wie eine Range aussehen, die sich beim Spielen und Herumtoben dreckig gemacht hat. Der Schmutzfink lacht ihm zu, mit mutwillig-verdorbenem Kindergesicht, und will zu ihm unter die Decke schlüpfen.
Er ist starr vor Schreck. Um ihn in Stimmung zu bringen, reißt sie einen zotigen Witz, der so scharf ist, dass seine kostbare Mingvase sich kaputtlacht und Schnittblumen zwischen Scherben auf dem nassen Teppich liegen.
Sie zieht sich aus und kuschelt sich an ihn, um sich zu wärmen. Wie kalt sie ist! Ihn schaudert. Wie nasskalte Graberde! Ihre Hand fährt in seine Schlafanzughose und zupft mit zwei kessen Fingern an seiner Eichel - das fühlt sich ja wie Eiswürfel an! Ihm hat einer mal welche in den Schritt gekippt an einem feuchtfröhlichen Abend - er kann sie nicht abwehren, weil die Angst ihn lähmt, aber wie von Geisterhand richtet sich der Schwanz zu seiner vollen Größe auf. Sie flüstert: Ich bin so schön eng, weißt du noch? Und du bist so schön warm! Komm, gib's mir, komm! Ich will deine Wärme. Der Winter wird so lang und kalt. Sie zieht ihm die Hose herunter und legt sich auf ihn. Ein Gedanke kommt ihm: Das muss es sein! Die verdammten Saufkumpane! Sie wollten sich mein Kind holen, aber tut mir Leid: Nicht mit meiner Tochter! Da waren sie sauer und haben mir den Schneemann ins Bett gelegt! Mensch, ich kann mir ja den Tod holen! An Unterkühlung krepieren! Solche Scherze macht man nicht. Wach auf, Mann, wach endlich auf!


   
 
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